Moravagine malt immer noch.
Mittwoch, 30. November 2005
Darwinsches Paradoxon: Schizo macht sexy
Das werden die Legionen von Online-Partner und -Flirtwebsites sicher ausnutzen: Britische Forscher haben statistische Zusammenhänge erkannt und zwar zwischen schizoiden Verhaltensweisen bei Kreativen (sic) und ihrem Erfolg beim anderen Geschlecht.

"Kreativität bei schizotypen Persönlichkeiten macht bei der Partnersuche erfolgreich" titelt dann auch eine Agentur in einem Text über diesen Artikel.

Denn Schizophrenie ist laut unserer psychologisierenden und seelisch hygienischen Gesellschaftsform eigentlich ein evolutionärer Nachteil. Schließlich beeinträchtige sie das gesamte Leben der Betroffenen, die häufig völlig den Bezug zur Wirklichkeit verlieren, unter Wahnvorstellungen leiden und sich sozial zurückziehen. So müsste ein seelisch hygienisch denkender und sauberer Bürger wohl denken.

Tatsächlich aber betrifft die Krankheit nach Schätzung von Experten etwa ein Prozent der Bevölkerung. Nach der Evolutionstheorie könnte eine Veranlagung für diese Krankheit mit einer anderen Eigenschaft gekoppelt sein, die dem Betroffenen einen deutlichen Vorteil bei der Fortpflanzung verschafft.

Zwei Psychologen der The Open University Department of Psychology Walton Hall haben nun abenteuerliche Kontexte mit den kreativen Mitteln der Statistik hergestellt:

"Je kreativer ein Teilnehmer war, desto ausgeprägter waren seine schizotypen Charaktereigenschaften – und desto reger war sein Liebesleben. So hatten die kreativsten Künstler beispielsweise im Schnitt bereits deutlich mehr Partner gehabt als ihre unkreativen Altersgenossen. Das galt sowohl für die befragten Frauen als auch für die Männer, schreiben die Forscher. Offenbar ist Kreativität demnach ein entscheidender Faktor bei der Partnerwahl und wiegt die Nachteile, die durch die größere Anfälligkeit für Schizophrenie entstehen, mehr als auf."

Ach so, nee klar, es ist ein evolutionärer Vorteil, viele Partner zu begatten, aber ist es auch ein emotionaler Vorteil?

Nur schade, dass Kreativität genauso wie Intelligenz einer der Begriffe ist, bei denen selbst gestandene Naturwissenschaftler sagen, dass man darüber qualitativ eigentlich gar nichts aussagen könnte. Nun gilt ja Wittgensteins Verdikt, dass Definitionen von Wörtern Unsinn seien, nicht immer. Denn hier wenigstens könnte man den Sinn des zu findenden Objekts namens Kreativität auch mal hinterfragen:
Wenn selbst die Psychologie wenig Erhellendes über die Kreativität sagen kann, warum kann dann so eine Studie irgendeinen Hinweis auf irgendetwas liefern? Ist am Ende die gesuchte und sexuell erfolgreiche Kreativität im Untersuchenden selbst am meisten ausgeprägt?

Aber schön, dass mal 425 Menschen zu ihrem kreativen Hobby des Malens (als ob Musiker oder Schriftsteller weniger *kreativer* wären) und - nebenbei - nach ihrer Promiskuität befragt wurden.

Ach, ich liebe diese sinnfreie Vergeudung von Steuergeldern an die diplomierten Psychologie-Töchter und Soziologie-Söhne von Lehrern und Ärzten.

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