Moravagine malt immer noch.
Montag, 28. November 2005
Qualität, die Zweite
Ein paar schwarze Schafe haben sich eingenistet. Und zwar bei Wikipedia! Sie haben wohl mehr als 200 Artikel aus den marxistisch geprägten Lexika der DDR in das freie Online-Lexikon kopiert und damit die größte anzunehmende Urheberrechtsverletzung bei Wikipedia ausgelöst. Mehr dazu hier.

Fragt sich, ob man den Ewiggestrigen im Osten oder möglichen kommerziellen Nutznießern den Schwarzen Peter unterschiebt. Man war sich ja mal sicher, dass Fake-Beiträge allein durch die große Community von über 150 Autoren ausgeschlossen sind.

Vielleicht ist der Begriff "wiki" (Haitianisch für "schnell") doch nicht so ein sicherer Garant für Qualität. Sei es drum, das Projekt hat eine gute Idee als Grundlage. Viele Köche verderben wohl den Brei, aber besser als Zweifeln ist das Kochen allemal. Und so werden wir wohl eine neue Quelle für interessante Studien mehr haben, nämlich die Seite mit den Artikeln, die de.wikipedia.org aussschließt: hier. Der zugehörige Fachbegriff heißt übrigens "Entlernen". Ob andere Wikis das auch so machen?

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Montag, 26. September 2005
Kommunikation, Kommunion, Koagulation?
religere ist der Wortstamm aus dem wir Religion bilden. Seiner usprünglichen Bedeutung nach handelt es sich um ein Zusammenführen, Zusammenbinden. Anders ist es beim communicare, dass eher ein Mitteilen sein soll. Interessant wäre die funktionale Nähe der beiden Notionen, die leider bei den Kommunikationswissenschaften bzw. den Medienwisseschaftlern weniger vorkommt.

Die vielen Kommunikationsmodelle, die ich im Kommentar zum Beitrag über kreative Sprachinnovationen auflistete, können über eines nicht hinweg täuschen: Ob das Mitteilen nun in virtuellen oder realen Netzwerken statt findet, die Medien der Mitteilung sind in einer Art marginal, dass allein der Fokus auf diese Vehikel eher historisches Interesse denn Forschung am Puls der Zeit oder am Puls der Grundlage sein kann. Warum gibt es dann nur immer wieder Medienwissenschaftler, Wissensmanagementspezialisten und beratende Experten von McDisney, Kleinbaum oder von Berger Stratogier, die einen derart großen Aufwand betreiben, um derart unwesentliche Aspekte aufzublähen? Die Marxsche Frage, nach dem Nutznießer greift hier zu kurz und reicht nicht für eine Kritik der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Oberfläche von zeitgenössischen Phänomenen, die keine sind sondern Modifikationen archaischer Verhaltensmuster.

Wenn das Internet nur Wenigen die Chance gibt, sich schlauer zu machen, weil sie die Zeit und das technische Know-How sowie die beruflichen und organischen Vorraussetzungen haben, nicht am Kamin oder im Ohrensessel sondern im heimischen oder Firmen-Büro zu sitzen, dann stellt sich die Frage nach den Hubs und Verteilern in solchen Netzwerken. Wenn Blogger nun dazu gezählt werden, dann sei die Frage erlaubt: Ist ein Austausch von Hub zu Hub wirklich Kommunikation oder nicht vielmehr ein Austeilen. Also eine Form von Mittesserausdrücken, die einzig kathartische Wirkungen und Folgen für die Menschen hinter den Hubs hat. Die konsumistischen Rosinenpicker, die z.Bsp. Blogs lesen, um woanders denken zu lassen, weil sie das beim Dissen und Habilitationenschreiben verlernten, sind doch dabei nur noch mit Realitäten zweiter Ordnung beschäftigt.

Wie können Sie dann wahrhaft über Kommunikation oder Medien schreiben, wenn sie doch einfach Opfer ihres Untersuchungsgegenstandes sind und denselben noch nicht mal wissenschaftstheoretisch sauber begründen können. Und ohne Begründung des Untersuchungsgegenstands hat man zwar viel Zeit in Beobachtung, Umfragen erstellen und Umfragen auswerten gesteckt. Man hat damit aber keine Wissenschaft betrieben, sondern bestenfalls Nachweise in statistischer Methode bewiesen oder einfach nur historisch das aufgezeichnet, was gerade jetzt ethologisch opportun ist.

Was also hat das Beschäftigen mit Weblogs im wissenschaftlichen Umfeld für einen Exit? Beschäftigung im Zeichen der Burg "höherer Abschluss". Wann wird der postmodernen Gesellschaft endlich klar, dass 90% der aktuellen Forschung Schmuck am Nachthemd ist, weil die nicht marktgängig ist. Nicht, dass ich ein Marktfreund wäre, aber diejenigen, die man als Meinungsführer, Politikkasperl und Beraterseppel in die vordere Reihe zum Watschen und Medaillen sammeln stellt, das sind diejenigen, die die Forscher loben, bezahlen, anfeuern bzw. und überhaupt deren Minderwertigkeitskomplexe und Profilneurosen bis aufs Blut ausnutzen...

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Mittwoch, 11. Mai 2005
Das erste Computerspiel
Es ist keine Frage: Brot und Spiele sind essenziell für die Entwicklung höherer Organismen.

Im digitalen Zeitalter ist aber nun offenbar Schluß mit lustig. In den USA und Kanada will man (oder hat schon) Minispiele wie Solitaire oder Minesweeper von den Büro-PCs vertreiben, weil die Mitarbeiter zuviel Zeit mit dem Spielen verbringen.
Ein kalifornischer Abgeordneter namens Leland Yee reiht Computerspiele in dieselbe Kategorie wie Pornos und Alkohol.
Das finde ich sehr treffend.
An der Nachfrage solcher Genußmittel kann man erkennen, wie zentral das Problem eingeschätzt wird. Stellen wir uns vor, eindimensionale, sinnentleerte und ohne Folgenabschätzung vorgetragene Gedanken würden einfach verboten. Die meisten Politiker, Experten und anderen Profilneurotiker müssten erst lange denken, bevor sie öffentliche Mitteilungen in Pressemitteilungen oder Interview hinein blasen. Das gäbe eine heilige Ruhe.

Ich bin dafür, dass alles, was uns Zeit und Nerven stiehlt und auf lange Sicht schädlich ist, verbannt wird. Die Frage ist nur, was machen wir mit den Tausenden arbeitslosen Medienschaffenden und ihren Zwillingen, den Politikern und Vorständen? Kann man die auch so einfach loswerden wie Schnapsflaschen und Softwarekartons.
Wiese1 Ach ja, hier kann man übrigens das erste Computerspiel spielen, das lange vor PONG in den Sechzigern erstellt wurde. Natürlich im Weltraummillieu - was sonst interessiert abseitige Menschen. Gerade in den USA und gerade am MIT.
Pfui, Mr. Yee lassen sie uns zum Angriff blasen auf diesen Sündenpfuhl. Für eine reine Welt dank Clementine! Mit sauberen Gedanken und sauberen Zeitverschwendungen wie dem Warten auf das abgestürzte System, damit wir die Buchungen zum fünften mal eingeben können, mit dem Warten auf das Mitarbeiter-Portal, das mal wieder sehr viel Zeit braucht zum Laden der Portlets oder beim Durchsuchen der 2346 Ergebnisse der Intranetsuche. Wobei der aktuellste Treffer aus dem Jahr 1998 kommt.

Nein. Alle Time Bandits müssen weg und zwar radikal - ob Mensch oder Software. Wir müssen ja die Produktivität steigern. Denn glücklicherweise lehren die Ökonomen noch heute, dass die Nachfrage nie nachlässt; sie wandert nur in andere Märkte.

Zurzeit ist sie in Asien und bastelt dort ein Wirtschaftswunder nach dem anderen. Ich freue mich schon auf die ganzen Zeitverschwender, die dann auf uns zukommen, wenn deren Pensionsfonds auf Beutezug gehen. Das sind dann nicht solche Spielzeugfirmen wie unsere lieben Heuschrecken. Das werden wirkliche Mächte sein. Sie werden in dreißig Jahren die letzten 10 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland aus Effizienzgründen wegschicken - zum Saufen und Computerspielen.

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