Moravagine malt immer noch.
Donnerstag, 22. September 2005
Babylohn? Wer be-lehrt eigentlich wen?
Neben meinen Lieblingspluralien namens Wägen (für mehrere Wagen) und Läger (für mehrere Lager) kommen mittlerweile immer lustigere Falschwörter in den Alltagsgebrauch der Sprache; die, seltsam genug, häufiger im akademischen Umfeld steigende Verbreitung finden. Dazu gehört die völlige Verarmung des Präteritums, dass mittlerweile nur noch als Perfekt gebildet wird. Kommt dann ein Fachexperte doch noch auf die korrekte Zeitform, dann ergeben sich große Lücken in der Sprache wie hier gut erkennbar ist. Denn befrug ist ähnlich irrsinnig wie buk für das Backen in der Vergangenheit. Hartnäckig bleiben solche Dinge im Gebrauch. Auch, dass "die USA am gewinnen ist" durfte ich schon in der Frankfurter Sonntagszeitung lesen. Diese lustige Form des Eindeutschens des englischen Gerundiums statt des einfachen Präsens läßt ja eh sehr tief blicken hinsichtlich der sprachmächtigen Ausbildung in den allzu anspruchsvollen Journalistenschulen.

Ich frage mich, ob ein Volk, dass derart umfassende orthografische und grammatikalische Schwächen bis in die Journaille hinein hat, überhaupt mit Rechtschreibreformen oder gar einer Bildungsoffensive belastbar ist. Ich würde dafür halten, den Menschen - vorsichtig, aber bestimmt - eine Grenze zwischen Schrift- und gesprochener Sprache aufzuzeigen.

Und dass die lustigen Sender/Empfänger-Modelle aus den Sechzigern jetzt noch in akademischen Bereichen wie im Beispiel oben (BWL/Marketing) ernsthaft verwandt werden, deutet schon eine nächste Diskussion an: Wie entlernt man falsche Modelle, die schon lange durch realistischere und erklärungsmächtigere Modelle überholt sind, bei Dozenten und wiss. Assistenten?

Kann man die falsch tradierten Inhalte fremder Fachbereiche an denen viele Dissen und Diplomarbeiten leiden, eigentlich auch trotz innovationsresistenter Dozenten und Professoren korrigieren?

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Dienstag, 20. September 2005
Die Wahl und die Statistik
Es gibt seit der Bundestagswahl 2005 einen klaren Verlierer: Und das ist die Demoskopie. Seit deren kläglichem Abschneiden hinsichtlich der Prognosen angsichts des realen Wählervotums wäre es sicher hilfreich, wenn wir die Demoskopie insgesamt abgeschaffen würden. Vergleicht man die klare Führung der CDU in den seriösen Wahlprognosen vor dem 18.09. mit dem realen Wahlergebnis, sollte man schon von Scharlatanerie sprechen und den Angestellten und Führungskräften der Forschungsgruppe Wahlen sowie Infas/Emnid etc. nahe legen, den Beruf zu wechseln.

Ist den erfahrenen, reiferen Geistern der fromme Glaube an statistische Erhebungen eher eine Art lächerlicher Glaubenskongregation mit fundamentalistischem sozialwissenscahftlichem Empirieanstrich, so hat es sich nun ausgeglaubt mit der statistischen Empirie. Sie wurde als unzulässige Spielart des Wirklichkeitsnachweises entlarvt.

Was das für die Marktforschung bedeutet? Erinnern wir uns an Mitarbeiterumfragen zu Wissensmanagement, Wissenstransfer, Kollegenexpertise etc.

Dann wird schnell klar, dass in autoritär geführten Unternehmen vom Schlage Siemens, Bertelsmann oder Continental eigentlich keine gedankliche Tätigkeit stattfindet ohne zutun von fremden Kräften wie Doktoranden, Diplomanden und Praktikanten, deren Hirne von alteingessesenen Stuhlsägern angemolken werden. Denn auch dort werden die Mitarbeiter niemals Gedankengut kundtun, das nicht opportun ist.

Genauso funktioniert moderne Marktforschung: In selbst erfüllender Prophezeiung werden Fragen entworfen, die Erwartungfen gar nicht falsifizieren können, da außen stehende Aspekte praktisch nicht mit gedacht werden. Erinnert alles ein bißchen an Peter Drucker und sein Verdikt aus den Neunzigern des letzten Jahrhunderts: "Nur das Wissen über Nichtkunden und Nichtlieferanten zählt." Alles andere ist Schmuck am Nachthemd.

Aber wie hätte man das Wissen erlangen können über diejenigen, die sich aus besserem Wissen oder aus Angst bedeckt halten?

Ganz einfach: Man beachte die Heisenbergsche Ünschärferelation auch in Umfragen. Die Umfragesituation selbst verfälscht ihre Ergebnisse.

Ich denke seit letztem Sonntag wäre ein vollständiges Einfrieren jeglicher staatlicher Mittel für statistischen Firlefanz in den Politik- und Sozialwissenschaften ein probates Mittel, um zielorientiertes Reputationsmanagement für diese Land zu betreiben.

Wir sollten umdenken. Vor allem diejenigen, die Statistik als beweiswürdig oder gar empirischen Nachweis ansehen.

Auf Nimmerwiedersehen empirische Sozialforschung des 20. Jahrhunderts!

Nachtrag: Ach ja, die Demoskopen haben eine interessante Erklärung der Unmöglichkeit der Wahrheitsfindung durch Befragung: Sie bezichtigen ihre Befragungsobjekte der Lügen! Sollten Statistiken etwa doch nicht objektiv sein. Sowas aber auch...
Siehe hier. Klaus Kocks sollte besser ein oder zwei Praktikanntinen nach der Konsistenz seiner Äußerungen befragen, bevor er sich selbt derart entlarvt. Aber das ist wohl der Herdentrieb: Erst demontiert sich der Kanzler aufgrund von Bungee-Endorphinen, dann springen auch noch seine Weggefährten über die Klippen...

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Montag, 19. September 2005
Flugticket als Give-Away...
Wer bei Karstadt dieser Tage eine beige Wurstpelle-Jacke aus hautfreundlichem Diolen erwirbt und sich in diesem Look auf die Straße traut, der oder die kann gratis nach New York fliegen.

Und da man international aufgrund nachgewiesener höchster Expertise in allen westlichen Ländern kopfschüttelnd über die fehlerhaften Fingerscanner am Airport lachen muss, kommt man auch schneller durch die Flughafeneingangskontrollen mit einer derart amerikanophilen Bekleidung.

Aber: Was ist so schlimm/schön an den USA, dass man jetzt die müffelnden Plastikjacken (0,99 $ im EK) aus der überlagerten Chinaimport Charge für 199 Euronen nur noch mit Flugticket verhökern kann.

Zugegeben hier ist wirklich nur noch Polystyrolmüll an den Körpern zweier viertklassiger Modells zu erkennen.

ABER: Man erkennt die ungeheuren Marketingmethoden, mit denen unser Matze Döpfner schon in seeligen Bertelsmännchen Zeiten den Club bzw. die Keule schwingen ließ.

Ich warte jetzt nur noch darauf, dass mein Karstadt-Aktienpaket in die Höhe schnellt... Aber das kann noch dauern. Die Raider haben etwas ganz Schmuckes mit Karstadt vor. Vielleicht hat den Amis jemand etwas von dollen Immobilienwerten in Deutschland gesteckt?
Vielleicht ist es ein Abschreibungsmodell wegen der hohen Steuern in .de?

On verra! Das ist vielleicht subliminales Marketing für eine neue Spezies: Den deutschen Scrooge?

Oder hatte ich doch Recht und die tumbe Jacke ist das Give-Away zum Ticket und damit beginnt der Konkurenzkampf zwischen TUI und Karstadt (James Cook) und Döpfner funktioniert die Kaufhäuser endlich zum riesigen Tchibo-Stand um?

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Montag, 12. September 2005
Glaube, Hiebe, Täuschung...
Was in den ganzen Diskussionen rund um jede Wahl, sei es eine Bundestagswahl oder gar eine Europawahl, am meisten frappiert, ist die existenzielle Berechtigung dieser Demokratie-Showcases. Denn je mehr Kritiker, böse Kommentatoren oder gar ewige Besserwisser auf den Plan treten - und das Internet bietet den ewig zu kurz gekommenen ja eine treffliche Plattform - desto mehr Realität erhalten diese müden Pseudo-Volksbeteiligungen.

Ahnt man noch im alltäglichen politischen Geschäft, dass arbeitsscheue Lehrer und erfolglose Juristen gute Beschäftigungsmöglichkeiten in den Parteien erhalten, um sich für die Schulhofkloppe aus der Kindheit zu rächen - da mutieren diese ehemaligen Parias in sinnfreien Diskussionsrunden zu geistlosen Wortwerfern abgezirkelter und in sich völlig kontextfreier Parteiprogramme.

Und wenn dann ein schlaumeierischer Journalist ohne großes Engagement hinter den Phrasen völlig wild zusammengestückelte Verbandsslogans entdeckt und auf Konsistenz pochen will, da genügt ihm oder ihr das Aufdecken von mentalen Lücken im Redner. Ein Argumentum ad hominem wird dann nur noch durch den noch lächerlicheren Aufklärungsimpetus unterboten, der den Politikern mangelnde parteiinterne Abstimmung vorwirft. Als ob die alle bei denselben Verbänden und Firmen auf der Payroll ständen. Nein, sie erhalten vom Steuerzahler ein Gehalt - wie immer ohne Anteil für das Altersruhegeld - und von den nicht mehr Steuern zahlenden Firmen und Verbänden Beraterverträge. Dafür liefern sie lustige Abkommen wie beim Mautdebakel, wie die Zuschußorgien bei der Deutschen Bahn oder gar Rentnerregen wie bei der Post-Privatisierung. Arme Menschen erhalten Schweigegelder und sind trotz der ständigen Kürzung derselben immer noch treu ergeben, wenn es ans Assimilieren der unausgegorenen Gedankenversuche aus dem Hause McDisney, Kinder Prüfen Meine Gesellschaft oder gar Bürger Strategy Partners in Gestalt 120seitiger Pamphlete provinzieller FH-Dozenten geht, die sich die Herren und Damen Politiker nicht entblöden in den Medien auch noch wiederzukäuen.

Ich wünsche mir anspruchsvolleres und vor allem besseres Theater rund um diese Simulation eines Staatswesens. Warum treten die Volksvertreter nicht in mentalen oder physischen Wettkämpfen gegeneinander an. Wozu sollten benchgemarkte Schulen sonst da sein? Die mangelhaften rhetorischen Fähigkeiten langweilen, und die impertinenten Wiederholungen des ewig gleichen Flachdenkens sind ein Affront gegen den zivilisierten Geist.

Warum gleichen sich eigentlich immer alle Inhalte bis auf unwesentliche Details, die im Entscheidungsprozess flugs auch der Strecke bleiben?

Steckt der unbewegte Beweger dahinter? Sind Sie das Herr Soros oder gar DeBeers? Wer simuliert eigentlich die Führungsriege in Deutschland? Oder haben sich diesen reduzierten Getreidekaffee tatsächlich mehrere Gehirne in einem Anfall von Obskurismus ausgedacht, um zu testen, wie anspruchslos ein ganzes Volk sein kann. Sicher nicht, es gibt ja noch weit flachere Existenzutopien als die deutschen. Man denke nur an...

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Freitag, 9. September 2005
Übrigens, die Macht und die Rückenkrankheiten...
Es war im Sommer. Politiker hatten gerade die Chance, zu erkennen, dass sie ihrer Sinnkrise durch den Gehorsam Dritter zu entfliehen suchten: da krachte der international anerkannte Rücktrittsexperte mit einer Vertrauenskrise in das drohende Sommerloch.

Viele Radfahrer, die Ihren gekrümmten Rücken für Tage und Wochen von der bandscheibenschädigenden Katzbuckelhaltung erholen wollten, mussten abenteuerliche Anstrengungen in Kauf nehmen, um der politikmüden Bevölkerung Interesse abzuluchsen.

Phrasendrescherei, persönliche Beschimpfungen und nicht zuletzt das Nutzen zufälliger Begebenheiten aus dem Fundus des allerhöchsten Wesens brachten die tumbe Wählerschaft in eine Art Freiheitsrausch. Man würde wählen können: Und zwar das Joch. Und die Farbe sei endlich mal eine andere. Frohlocken allüberall auf den Tannenwipfeln machte sich breit.

Nachdem Heerscharen von professionellen Informationsdealern verpanschte Schlechtnachrichten zum Zwecke der Tarifdiskussionen inflationiert hatten - bedient von führenden kolumbianischen und afghanischen Wirtschaftsinsituten - traute sich ein internationaler Großdealer ungepanschtes Koks zu verteilen:

Deutschland sei unerhört stark in seiner Wirtschaftskraft

und auf dem Titelblatt erschien ein Bundesadler mit dirckem Bizeps.

Jetzt war kein Halten mehr. Die Lemminge stürzten sich in einem wahnwitzigen Anfall von angezogener Handbremse in die jahrzehntelange Starre zurück, die sie zum Glück nie verlassen hatten.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann steigen die Unternehmensprofite noch immer umgekehrt proportional zur Binnennachfrage.

Das kann nur eine Kraft bewirken, das ist der unbewegte Beweger. Denn Macht entsteht nur durch Gehorsam. Und Gehorsam entsteht durch kontinuierliche Beharrung. Mediziner nennen das Sklerose. Jetzt wissen wir auch, warum Rückenleiden die Krankheit Nr. 1 sind.

Wer wirklich Rückgrat beweisen will, der werfe die erste Bandscheibe!

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Mittwoch, 11. Mai 2005
Was soll das denn? Hughtrain Manifesto
Erschreckend und sehr humorvoll an diesem Paper über die spirituelle Erweckung im Marketing ist nicht, dass manche es ernst nehmen könnten.

Sie tun es bereits. Der Bedeutungshorizont wird wieder ganz weit. Nicht mehr so piefig individuell. Wer hat nicht mitansehen müssen, dass seit einigen Jahren diese magische Welt der Spiritisten aller fundamentalistischer Couleur (Christen, Muslime, Juden) sozusagen die gesellschaftliche Mitte repräsentieren wollen.
Gegenaufklärung! höre ich da schon die ersten beflissenen Objektivisten aus den Parkettplätzen gröhlen. Aber wenn wir weiterlesen, dann kommt eine dolle Aufzählung auf Seite 6. Nach dem emotionalen Kapital käme das Expressive Kapital, also der Mehrwert des Mitessers an pickeliger Wange.

Liebe Kinder und Kinderinnen,
lasst es bitte nicht soweit kommen. Ich habe den Verdacht, dass man in einigen Gedankenstübchen - ähnlich den 60er,70er,80er und 90er Shows - eine Comebackshow dessen durchdekliniert, was wir so alles im Abitur, im Studium, in der kurzen Geschichte der Pseudowissenschaften an Bestsellern kennenlernen mussten. Die Hoffnung besteht dann wohl darin die bunten Realitätsförmchen durch die drei- und viereckigen Löcher zu frimeln. Und wenn alle drin sind, lacht das Kind, die Mutter öffnet die Klappe, und das Spiel geht von vorne los.

Kryptonite ist überall. Nicht nur in Marketingetagen! Schauen wir uns doch den Markt der politischen oder sachlichen Expertenmeinungen in den Medien an. Gibt es dort eine Ebene die erkennt, dass vieles Geschreibsel nur Tragegurte für halbseidene und kaum durchdachte Ideen der Menschen sind, die wir eigentlich bezahlen, damit sie unsere Zukunft öffnen, indem sie eine notwendig offene Gegenwart beschützen?

Aber was wäre, wenn man der Kaste der Entscheidungsträger die globale Aufgabe gäbe, vor allem breite Wahlmöglichkeiten im Handeln zu ermöglichen. Das wäre natürlich wenig spiritistisch. Es würde gesellschaftlicher Raum entstehen. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger.

Dass Medien aber nichts zu imitieren hätten, kann man bezweifeln. Fängt doch der deutsche Verlegerverband an, analog zu den Kirchen bei Einstellungsgesprächen die Gesinnung prüfen zu wollen. Damit wären wir wieder bei der seltsamen Schleife zwischen Medien und Kirche vom Anfang. Aber damit ermöglichen sie sich wirklich die schlechten Manieren, die ihren zurzeit nur herbeigeredeten Abschwung (Tarifverhandlungen!) real beschleunigen könnten.

"A bad carpenter blames his tools"

Ich bin gespannt, welche shiny, new tools demnächst auf uns zurollen. Der PC ist es nicht mehr. IPod wird auch bald als dröger Walkman mit denselben leeren Batterien durchschaut. Wieviel Abspielgeräte kann ein Westeuropäer pro Kopf vertragen, ohne einen Bildschirm-, Ohren-,Tastenkoller zu bekommen?

Ich schätze 57 bei den Männern. Bei Frauen bin ich mir nicht sicher, wenn es in Schuhe eingebaut, ist dann sicher 345!

Cheers!

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