Sonntag, 26. Juni 2005
Gehirn, Geist, Selbst und Subjekt und all dieses...
moravagine, 16:23h
Gehirn, Geist, Selbst und Subjekt und all dieses...
Man munkelt, es gäbe einen ausgewachsenen Geschwisterzank zwischen Neurowissenschaften und der Psychologie. Seltsam, in den Achtzigern waren die Psychologen so stolz, dass sie in einigen Unis zum Fachbereich der Naturwissenschaften qua Biologie hinzugehörten. Das Erleben und Verhalten war ihnen so als Untersuchungsgegenstand eingebrannt (gebrandet?), dass man ihnen mit keiner geisteswissenschaftlichen Problematik kommen konnte, da sie per naturwissenschaftlichem Methodenkanon eine sehr eingeschränkte Sicht auf die Welt vertraten. Statistik war - genauso wie bei den Sozialwissenschaftlern - der Allheilbringer. Ganz dem modernen Weltbild verhaftet, leitete sich Wahrheit aus statistischen und damit intersubjektiven Ergebnissen ab. Die Deutungstätigkeit an sich wurde durch Begriffe wie Faktorenanalyse etc. in den Bereich der mathematischen Genauigkeit hineingewünscht. Mentale Repräsentation oder gar Qualia waren höchstens Elemente der persönlichen Beschreibungsebene der Probanden. Versuchsleiter, Doktorväter oder gar habilitierte Methodiker waren frei von solcherlei Kontingenz.
Doch nun, kurz vor der öffentlichen Vergessenheit, haben die ehemaligen Hilfswissenschaftler der Psychofront ihrerseits zum Sturm im Wasserglas geblasen und der Wahrheit qua Statistik die nicht minder evidente Wahrheit qua Imago gegenübergestellt. Bildgebende Verfahren stellen physiologische Prozesse dar und sind damit viel näher an den HARTEN naturwissenschaftlichen Methoden der Biologie und der Physik als die Psychologen des goldenen Statistikkalbs.
"Je Messgerät desto Wahrheit" könnte das Credo lauten. Zusätzlich haben Philosophen als neue Materialisten die Lobotomieforschung und anderes als Evidenzbringer gefeiert. Das fundamentum inconcossum ist natürlich mithilfe der neuen Bilderwelten gefunden worden: Das Denken findet tatsächlich im Gehirn statt, weil dort veränderliche Prozesse je Zeiteinheit beobachtbar sind, während der Träger des Gehirns bekannte Gesichter oder schreckliche Fratzen beobachtet oder ähnliches beobachtet. Wir sind ähnlich nahe dran, wie wir die menschlichen Gene durch meterlange AACGATC-Listen erklärt haben.
Damit hat sich natürlich auch gleich der freie Wille verabschiedet, denn wer physiologisch auf Reize reagiert und damit vorhersagbar in bestimmten Regionen des Gehirns leuchtende Felder produziert, ist vollkommen durch diese Prozesse determiniert.
Ich finde das vollkommen einleuchtend. Ihr Psychologen dieser Welt: So einfach kann die Erklärung desjenigen sein, der die Welt erklärt. Das man dabei einen infiniten Regress beschreitet, interessiert ja nicht, weil durch die Anwesenheit der Messgeräte vollumfängliche Objektivität gewährleistet ist. Und mehr als Objektivität braucht die community of scientists nicht. Sie allein berechtigt zu finalen Aussagen über die Gehirntätigkeit und deren kulturelle "Korrelate" wie Willen doer Bewußtsein. Jetzt dauert es nur noch ein paar Jahre, bis man im Gehirn erkennt, ob Schüler im Unterricht lernen. Dann kann man im Lehramtsreferendariat sofort erkennen, ob einer als Lehrer taugt, wenn bei den Schülern in den richtigen Regionen die Synapsen blitzen. Naja, und das Subjekt finden sie sicher auch noch irgendwo.
Allerdings muss das alles kulturübergreifend, also weltweit identisch, sein. Sollten die Mongolen und die Australier in anderen Regionen als die Europäer blitzen, wäre es Zeit, die Neurowissenschaftler zu Friseuren umzuschulen. Da haben sie dann auch was mit Köpfen zu tun. Ach ja, und die Psychologen sollen mal etwas über Semiotik lernen, dann haben sie sicher erfolgreiche Strategien an der Hand, um ihren "Widersachern" von medizintechnischen Gnaden in wenigen Sätzen die signifikanten Grenzen aufzuzeigen. Aber das wäre ja Geisteswissenschaft und dafür haben die Psychologen ja nicht jahrzehntelang gekämpft, um sich im neuen Jahrtausend als defiziente Philosphen zu outen. Also schön weiter gegeneinander kämpfen, um wenigstens dadurch noch eine gemeinsame Existenzberechtigung neben der Tätigkeit als pharmakologische Hilfwissenschaft zu erhalten...
Glück auf beim Graben in den Bildern, die die Innenwelt bedeuten wollen.
Man munkelt, es gäbe einen ausgewachsenen Geschwisterzank zwischen Neurowissenschaften und der Psychologie. Seltsam, in den Achtzigern waren die Psychologen so stolz, dass sie in einigen Unis zum Fachbereich der Naturwissenschaften qua Biologie hinzugehörten. Das Erleben und Verhalten war ihnen so als Untersuchungsgegenstand eingebrannt (gebrandet?), dass man ihnen mit keiner geisteswissenschaftlichen Problematik kommen konnte, da sie per naturwissenschaftlichem Methodenkanon eine sehr eingeschränkte Sicht auf die Welt vertraten. Statistik war - genauso wie bei den Sozialwissenschaftlern - der Allheilbringer. Ganz dem modernen Weltbild verhaftet, leitete sich Wahrheit aus statistischen und damit intersubjektiven Ergebnissen ab. Die Deutungstätigkeit an sich wurde durch Begriffe wie Faktorenanalyse etc. in den Bereich der mathematischen Genauigkeit hineingewünscht. Mentale Repräsentation oder gar Qualia waren höchstens Elemente der persönlichen Beschreibungsebene der Probanden. Versuchsleiter, Doktorväter oder gar habilitierte Methodiker waren frei von solcherlei Kontingenz.
Doch nun, kurz vor der öffentlichen Vergessenheit, haben die ehemaligen Hilfswissenschaftler der Psychofront ihrerseits zum Sturm im Wasserglas geblasen und der Wahrheit qua Statistik die nicht minder evidente Wahrheit qua Imago gegenübergestellt. Bildgebende Verfahren stellen physiologische Prozesse dar und sind damit viel näher an den HARTEN naturwissenschaftlichen Methoden der Biologie und der Physik als die Psychologen des goldenen Statistikkalbs.
"Je Messgerät desto Wahrheit" könnte das Credo lauten. Zusätzlich haben Philosophen als neue Materialisten die Lobotomieforschung und anderes als Evidenzbringer gefeiert. Das fundamentum inconcossum ist natürlich mithilfe der neuen Bilderwelten gefunden worden: Das Denken findet tatsächlich im Gehirn statt, weil dort veränderliche Prozesse je Zeiteinheit beobachtbar sind, während der Träger des Gehirns bekannte Gesichter oder schreckliche Fratzen beobachtet oder ähnliches beobachtet. Wir sind ähnlich nahe dran, wie wir die menschlichen Gene durch meterlange AACGATC-Listen erklärt haben.
Damit hat sich natürlich auch gleich der freie Wille verabschiedet, denn wer physiologisch auf Reize reagiert und damit vorhersagbar in bestimmten Regionen des Gehirns leuchtende Felder produziert, ist vollkommen durch diese Prozesse determiniert.
Ich finde das vollkommen einleuchtend. Ihr Psychologen dieser Welt: So einfach kann die Erklärung desjenigen sein, der die Welt erklärt. Das man dabei einen infiniten Regress beschreitet, interessiert ja nicht, weil durch die Anwesenheit der Messgeräte vollumfängliche Objektivität gewährleistet ist. Und mehr als Objektivität braucht die community of scientists nicht. Sie allein berechtigt zu finalen Aussagen über die Gehirntätigkeit und deren kulturelle "Korrelate" wie Willen doer Bewußtsein. Jetzt dauert es nur noch ein paar Jahre, bis man im Gehirn erkennt, ob Schüler im Unterricht lernen. Dann kann man im Lehramtsreferendariat sofort erkennen, ob einer als Lehrer taugt, wenn bei den Schülern in den richtigen Regionen die Synapsen blitzen. Naja, und das Subjekt finden sie sicher auch noch irgendwo.
Allerdings muss das alles kulturübergreifend, also weltweit identisch, sein. Sollten die Mongolen und die Australier in anderen Regionen als die Europäer blitzen, wäre es Zeit, die Neurowissenschaftler zu Friseuren umzuschulen. Da haben sie dann auch was mit Köpfen zu tun. Ach ja, und die Psychologen sollen mal etwas über Semiotik lernen, dann haben sie sicher erfolgreiche Strategien an der Hand, um ihren "Widersachern" von medizintechnischen Gnaden in wenigen Sätzen die signifikanten Grenzen aufzuzeigen. Aber das wäre ja Geisteswissenschaft und dafür haben die Psychologen ja nicht jahrzehntelang gekämpft, um sich im neuen Jahrtausend als defiziente Philosphen zu outen. Also schön weiter gegeneinander kämpfen, um wenigstens dadurch noch eine gemeinsame Existenzberechtigung neben der Tätigkeit als pharmakologische Hilfwissenschaft zu erhalten...
Glück auf beim Graben in den Bildern, die die Innenwelt bedeuten wollen.
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