Moravagine malt immer noch.
Montag, 12. September 2005
Glaube, Hiebe, Täuschung...
Was in den ganzen Diskussionen rund um jede Wahl, sei es eine Bundestagswahl oder gar eine Europawahl, am meisten frappiert, ist die existenzielle Berechtigung dieser Demokratie-Showcases. Denn je mehr Kritiker, böse Kommentatoren oder gar ewige Besserwisser auf den Plan treten - und das Internet bietet den ewig zu kurz gekommenen ja eine treffliche Plattform - desto mehr Realität erhalten diese müden Pseudo-Volksbeteiligungen.

Ahnt man noch im alltäglichen politischen Geschäft, dass arbeitsscheue Lehrer und erfolglose Juristen gute Beschäftigungsmöglichkeiten in den Parteien erhalten, um sich für die Schulhofkloppe aus der Kindheit zu rächen - da mutieren diese ehemaligen Parias in sinnfreien Diskussionsrunden zu geistlosen Wortwerfern abgezirkelter und in sich völlig kontextfreier Parteiprogramme.

Und wenn dann ein schlaumeierischer Journalist ohne großes Engagement hinter den Phrasen völlig wild zusammengestückelte Verbandsslogans entdeckt und auf Konsistenz pochen will, da genügt ihm oder ihr das Aufdecken von mentalen Lücken im Redner. Ein Argumentum ad hominem wird dann nur noch durch den noch lächerlicheren Aufklärungsimpetus unterboten, der den Politikern mangelnde parteiinterne Abstimmung vorwirft. Als ob die alle bei denselben Verbänden und Firmen auf der Payroll ständen. Nein, sie erhalten vom Steuerzahler ein Gehalt - wie immer ohne Anteil für das Altersruhegeld - und von den nicht mehr Steuern zahlenden Firmen und Verbänden Beraterverträge. Dafür liefern sie lustige Abkommen wie beim Mautdebakel, wie die Zuschußorgien bei der Deutschen Bahn oder gar Rentnerregen wie bei der Post-Privatisierung. Arme Menschen erhalten Schweigegelder und sind trotz der ständigen Kürzung derselben immer noch treu ergeben, wenn es ans Assimilieren der unausgegorenen Gedankenversuche aus dem Hause McDisney, Kinder Prüfen Meine Gesellschaft oder gar Bürger Strategy Partners in Gestalt 120seitiger Pamphlete provinzieller FH-Dozenten geht, die sich die Herren und Damen Politiker nicht entblöden in den Medien auch noch wiederzukäuen.

Ich wünsche mir anspruchsvolleres und vor allem besseres Theater rund um diese Simulation eines Staatswesens. Warum treten die Volksvertreter nicht in mentalen oder physischen Wettkämpfen gegeneinander an. Wozu sollten benchgemarkte Schulen sonst da sein? Die mangelhaften rhetorischen Fähigkeiten langweilen, und die impertinenten Wiederholungen des ewig gleichen Flachdenkens sind ein Affront gegen den zivilisierten Geist.

Warum gleichen sich eigentlich immer alle Inhalte bis auf unwesentliche Details, die im Entscheidungsprozess flugs auch der Strecke bleiben?

Steckt der unbewegte Beweger dahinter? Sind Sie das Herr Soros oder gar DeBeers? Wer simuliert eigentlich die Führungsriege in Deutschland? Oder haben sich diesen reduzierten Getreidekaffee tatsächlich mehrere Gehirne in einem Anfall von Obskurismus ausgedacht, um zu testen, wie anspruchslos ein ganzes Volk sein kann. Sicher nicht, es gibt ja noch weit flachere Existenzutopien als die deutschen. Man denke nur an...

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