Moravagine malt immer noch.
Montag, 26. September 2005
Kommunikation, Kommunion, Koagulation?
religere ist der Wortstamm aus dem wir Religion bilden. Seiner usprünglichen Bedeutung nach handelt es sich um ein Zusammenführen, Zusammenbinden. Anders ist es beim communicare, dass eher ein Mitteilen sein soll. Interessant wäre die funktionale Nähe der beiden Notionen, die leider bei den Kommunikationswissenschaften bzw. den Medienwisseschaftlern weniger vorkommt.

Die vielen Kommunikationsmodelle, die ich im Kommentar zum Beitrag über kreative Sprachinnovationen auflistete, können über eines nicht hinweg täuschen: Ob das Mitteilen nun in virtuellen oder realen Netzwerken statt findet, die Medien der Mitteilung sind in einer Art marginal, dass allein der Fokus auf diese Vehikel eher historisches Interesse denn Forschung am Puls der Zeit oder am Puls der Grundlage sein kann. Warum gibt es dann nur immer wieder Medienwissenschaftler, Wissensmanagementspezialisten und beratende Experten von McDisney, Kleinbaum oder von Berger Stratogier, die einen derart großen Aufwand betreiben, um derart unwesentliche Aspekte aufzublähen? Die Marxsche Frage, nach dem Nutznießer greift hier zu kurz und reicht nicht für eine Kritik der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Oberfläche von zeitgenössischen Phänomenen, die keine sind sondern Modifikationen archaischer Verhaltensmuster.

Wenn das Internet nur Wenigen die Chance gibt, sich schlauer zu machen, weil sie die Zeit und das technische Know-How sowie die beruflichen und organischen Vorraussetzungen haben, nicht am Kamin oder im Ohrensessel sondern im heimischen oder Firmen-Büro zu sitzen, dann stellt sich die Frage nach den Hubs und Verteilern in solchen Netzwerken. Wenn Blogger nun dazu gezählt werden, dann sei die Frage erlaubt: Ist ein Austausch von Hub zu Hub wirklich Kommunikation oder nicht vielmehr ein Austeilen. Also eine Form von Mittesserausdrücken, die einzig kathartische Wirkungen und Folgen für die Menschen hinter den Hubs hat. Die konsumistischen Rosinenpicker, die z.Bsp. Blogs lesen, um woanders denken zu lassen, weil sie das beim Dissen und Habilitationenschreiben verlernten, sind doch dabei nur noch mit Realitäten zweiter Ordnung beschäftigt.

Wie können Sie dann wahrhaft über Kommunikation oder Medien schreiben, wenn sie doch einfach Opfer ihres Untersuchungsgegenstandes sind und denselben noch nicht mal wissenschaftstheoretisch sauber begründen können. Und ohne Begründung des Untersuchungsgegenstands hat man zwar viel Zeit in Beobachtung, Umfragen erstellen und Umfragen auswerten gesteckt. Man hat damit aber keine Wissenschaft betrieben, sondern bestenfalls Nachweise in statistischer Methode bewiesen oder einfach nur historisch das aufgezeichnet, was gerade jetzt ethologisch opportun ist.

Was also hat das Beschäftigen mit Weblogs im wissenschaftlichen Umfeld für einen Exit? Beschäftigung im Zeichen der Burg "höherer Abschluss". Wann wird der postmodernen Gesellschaft endlich klar, dass 90% der aktuellen Forschung Schmuck am Nachthemd ist, weil die nicht marktgängig ist. Nicht, dass ich ein Marktfreund wäre, aber diejenigen, die man als Meinungsführer, Politikkasperl und Beraterseppel in die vordere Reihe zum Watschen und Medaillen sammeln stellt, das sind diejenigen, die die Forscher loben, bezahlen, anfeuern bzw. und überhaupt deren Minderwertigkeitskomplexe und Profilneurosen bis aufs Blut ausnutzen...

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Freitag, 23. September 2005
Menschen konsumieren das Fremde...
und verlieren sich in der Selbstverwirkung...

Jetzt kommt der alte Thailand-Topos wieder in die Kinos. Waren es früher alternde und sabbernde Vorstadtcasanovas, die in Asien ihre Dressiertheit ( Verzeihung ihre Leistungsfähigkeit) beim Sex zum Zweck der Ichaufladung ausleben konnten; sind es nun Frauen in den besten Jahren - die seit der Emanzipation auch schon Anfang Dreißig stattfinden - die sich bei den armen schwarzen Männern dieser Welt etwas holen, was nur in der Phantasie derjenigen Männer existiert, die eben nicht jederzeit genug Geld für genug Frauen hatten. Diese Ängste haben einige Frauen offenbar für bare Münze genommen und deren vermeintliche Ursachen fälschlicherweise in animalischer Wildheit vermutet.

Und da es nun mal so ist, dass nicht die libidinöse Potenz sondern der Grad an Annehmlichkeit, den ein Mann verbreitet, über seine Karriere bei Frauen entscheidet, gehen die Geschichten bei den armen Männern der dritten Welt schief. Einerseits, weil die Frauen sich nicht von armen Menschen ausbeuten lassen wollen oder können und andererseits, weil die wilden Schwarzen eben einfach nur Menschen sind genauso wie der langweilige verlassene Sachbearbeiter bei der Lebensversicherung, der zwar Tausende Küchenmaschinen bezahlen konnte, nicht aber den Hunger nach Leben zu stillen vermochte.

Machte den jungen Frauen noch die unendliche Weite der Zukunft ohne beschützende und bezahlende Eltern soviel Angst, dass sie den Mann mit dem kleinsten Übel wählten, wurde die Sache nach dem ersten Kind oder der ersten Abtreibung anders.

Die Selbstverwirklichung treibt seit den Siebzigern nicht nur die Männer in einen Abenteuerzwang, auch die Frauen wollen an den 10 Geboten der Moderne teilhaben, die da heissen:

1-10 Gebot:
Du sollst alles, was neu ist, aufsaugen und ausquetschen und schauen, ob du nicht etwas davon als Dein lang ersehntes Innerstes (wieder)erkennen kannst.

Leider klappt das nicht beim Verreisen, weil die meisten Menschen eben nun mal das mitnehmen, was sie am ehesten vergessen wollen: sich selbst.

Leider klappt das nicht beim Sex, weil man zwar durch exzessive Körperlichkeit das Denken zeitweise vergisst, aber eben nicht für immer; und damit kommt die alte Person wieder zurück.

Leider klappt das auch nicht, weil das wilde, fremde Gegenüber derart mit zivilisierten Ängsten aufgeladen ist, die es nicht profund kennt, und gegen die es sich nicht wehren kann.

Vielleicht gibt es bald Filme darüber, wie exotisch und wild Taubstumme für den moderne Zwangsgestörten oder Neurotiker beiderlei Geschlechts sind. Denn denen gegenüber helfen keine sozialen Masken, keine psychopathischen Fluchten in Sexualität oder Erfolgszwang.

Man müsste durch echte Handlung wirken. Und wer kann das schon heutzutage. Ich meine Handlung, nicht Darstellung von Handlung. Ich meine Gefühle und nicht die Darstellung von Gefühlen. Ich meine Phantasie und Kreativität und nicht die Simulation deselben durch Seminare, Kurse und Ratgeber.

Wer lebt sich denn heutzutage noch selbst?

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Donnerstag, 22. September 2005
Babylohn? Wer be-lehrt eigentlich wen?
Neben meinen Lieblingspluralien namens Wägen (für mehrere Wagen) und Läger (für mehrere Lager) kommen mittlerweile immer lustigere Falschwörter in den Alltagsgebrauch der Sprache; die, seltsam genug, häufiger im akademischen Umfeld steigende Verbreitung finden. Dazu gehört die völlige Verarmung des Präteritums, dass mittlerweile nur noch als Perfekt gebildet wird. Kommt dann ein Fachexperte doch noch auf die korrekte Zeitform, dann ergeben sich große Lücken in der Sprache wie hier gut erkennbar ist. Denn befrug ist ähnlich irrsinnig wie buk für das Backen in der Vergangenheit. Hartnäckig bleiben solche Dinge im Gebrauch. Auch, dass "die USA am gewinnen ist" durfte ich schon in der Frankfurter Sonntagszeitung lesen. Diese lustige Form des Eindeutschens des englischen Gerundiums statt des einfachen Präsens läßt ja eh sehr tief blicken hinsichtlich der sprachmächtigen Ausbildung in den allzu anspruchsvollen Journalistenschulen.

Ich frage mich, ob ein Volk, dass derart umfassende orthografische und grammatikalische Schwächen bis in die Journaille hinein hat, überhaupt mit Rechtschreibreformen oder gar einer Bildungsoffensive belastbar ist. Ich würde dafür halten, den Menschen - vorsichtig, aber bestimmt - eine Grenze zwischen Schrift- und gesprochener Sprache aufzuzeigen.

Und dass die lustigen Sender/Empfänger-Modelle aus den Sechzigern jetzt noch in akademischen Bereichen wie im Beispiel oben (BWL/Marketing) ernsthaft verwandt werden, deutet schon eine nächste Diskussion an: Wie entlernt man falsche Modelle, die schon lange durch realistischere und erklärungsmächtigere Modelle überholt sind, bei Dozenten und wiss. Assistenten?

Kann man die falsch tradierten Inhalte fremder Fachbereiche an denen viele Dissen und Diplomarbeiten leiden, eigentlich auch trotz innovationsresistenter Dozenten und Professoren korrigieren?

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